Die isolierte Extremitätenperfusion (Isolated Limb Perfusion = ILP) wird in der Therapie des malignen Melanoms und des Sarkoms der Gliedmaßen eingesetzt. Sie ist in erster Linie eine auf Arm oder Bein begrenzte (regionale) Therapiemaßnahme, auch wenn begrenzte Nebenwirkungen auf den Körper nicht ganz ausgeschlossen werden können.

Das Prinzip der Extremitätenperfusion besteht darin, dass die erkrankte Extremität vom Körperkreislauf abgekoppelt wird.  Es wird der Arm oder das Bein vom Körperkreislauf isoliert und über die Gefäße mit einer Herzlungenmaschine eine gezielte Durchströmung mit Chemotherapie durchgeführt (Abbildung 1und 2). Dabei können Medikamente (Zytostatika) in hoher Konzentration eingesetzt werden und gleichzeitig kann eine Überwärmung (Hyperthermie) erzielt werden. Dabei kommen u.U. Dosierungen zum Einsatz, die etwa dem hunderfachen der sonst maximal tolerablen Dosis entsprechen.  Zur Steigerung der Wirkung der Medikamente wird eine Kombination mit einer Gewebeüberwärmung  (Gewebetemperatur bis ca 40° C)  eingesetzt, die den Effekt der Medikamente um ein Vielfaches erhöhen kann. Am Ende der einstündigen Durchströmungsbehandlung wird durch eine Auswaschung von Stoffwechselprodukten vor dem Wiederanschließen der Extremität an den Kreislauf eine Einschwemmung von Medikamenten und Gewebegiften (Toxinen) in den Körper vermieden.

Abbildung 1: Schematische Darstellung der hyperthermen Extremitätenperfusion. Nach Isolierung des Beines erfolgt die Perfusion des Beines mit einer Herz-Lungen-Maschine.

Abbildung 1: Schematische Darstellung der hyperthermen Extremitätenperfusion. Nach Isolierung des Beines erfolgt die Perfusion des Beines mit einer Herz-Lungen-Maschine.

Abbildung 2: Extremitätenperfusion am Bein: Das Bein wird über eine Herzlungenmaschine mit Medikamenten durchströmt und überwärmt.

Abbildung 2: Extremitätenperfusion am Bein: Das Bein wird über eine Herzlungenmaschine mit Medikamenten durchströmt und überwärmt.

Indikation beim malignen Melanom

Die Extremitätenperfusion kann adjuvant oder therapeutisch eingesetzt werden. Die adjuvante Perfusion nach Resektion von Hochrisiko-Melanomen erfolgt unter der Vorstellung, daß mit zunehmender Tumordicke mit ansteigender Häufigkeit in-transit-Metastasen auftreten. Die bisher vorliegenden Daten randomisierter Studien konnten jedoch den Vorteil der adjuvanten Extremitätenperfusion nicht sichern, so dass aus dieser Indikation heraus eine Perfusion nur im Rahmen von Studien durchgeführt werden soll. Die therapeutische Perfusion ist klar indiziert zur Behandlung manifester in-transit-Metastasen, für ein nicht resektables Lokalrezidiv und beim Auftreten einer Satellitosis (Abbildung 3 und 4). Bei Beschränkung der Metastasierung auf eine Extremität bietet die Perfusion einen kurativen Behandlungsansatz. Auch bei Melanomen mit Fernmetastasen kann aus palliativen Gesichtspunkten eine Perfusion indiziert sein, um so einen Extremitätenerhalt zu ermöglichen. Manifeste in-transit Metastasen Lokalrezidiv Sattelitosis.

Abbildung 3 Abbildung 4: Komplette Rückbildung eines metastasierten Malignen Melanoms (amelanotisch) nach Extremitätenberfusion
Abbildung 3 Abbildung 4

Konzept der hyperthermen Extremitätenperfusion

Der Zugang zu den die Extremität versorgenden Gefäßen erfolgt meist im Bereich von Lymphabflußstationen. Im Allgemeinen erfolgt im Rahmen der Gefäßdarstellung die Entfernung der Lymphknoten in diesem Bereich, um Klarheit über den Ausbreitungsstatus der Erkrankung zu erlangen. Eindeutig tumorbefallene Lymphknoten werden auf jeden Fall radikal entfernt.

Da die Hyperthermie den Effekt vor allem alkylierender Substanzen verstärkt, wird fast stets hypertherm perfundiert (ca 41°C). Die maximale Gewebekonzentration von Zytostatika wird oft erst nach einer Stunde erreicht, so dass die Perfusionszeit mindestens 60 Minuten nach Erreichen der Gewebehyperthermie (sog. milde Hyperthermie > 38° C) fortgesetzt werden Melphalan (Alkeran) ist das am häufigsten in der Perfusionsbehandlung eingesetzte Zytostatikum. Es wird sowohl als Mono- als auch in Kombinationstherapie angewendet, scheint jedoch anderen Substanzen nach Langzeitbeobachtung zumindest gleichwertig zu sein. Die Dosierung hängt vom Volumen der zu perfundieren Gliedmaße ab, welche präoperativ bestimmt wird (10 mg/l Gewebevolumen bei Perfusion des Beines, 13 mg/l am Arm). Das Behandlungsziel der therapeutischen Perfusion ist das Erreichen einer kompletten Remission (Abbildung 5 und 6), deren Rate bei Verwendung von Melphalan in der Extremitätenperfusion bei ca 50% liegt.

Schwerwiegende generelle Nebenwirkungen  der Chemotherapie sind selten, da das Medikament in der Gliedmaße verbleibt. Es wird kontinuierlich gemessen dass kein Übertritt in den Köperkreislauf erfolgt. Ebenso wird die Temperatur ständig kontrolliert. Als lokale Nebenwirkung an der perfundierten Extremität tritt fast immer eine Rötung und ein Ödem, gelegentlich mit Blasenbildung auf. Ausgedehnte Epidermiolysen oder die Entwicklung eines Kompartmentsyndroms sind in seltenen Fällen möglich.

Abbildung 5

Abbildung 6

Abbildung 5: amelanotisches Melanom des Knie mit in-transit Metastasen

Abbildung 6: Komplette Rückbildung eines metastasierten Malignen Melanoms (amelanotisch) nach Extremitätenperfusion

Operativer Ablauf

Die Extremitätenperfusion beinhaltet:

  • die Isolierung der Extremität vom zentralen Kreislauf durch operative Freilegung der zentralen Gefäße (A. und V. iliaca externa bzw. A. und V. axillaris) und Auschalten von Umgehnungsgefäßen durch Anlegen eines Gummgurtes
  • die Unterhaltung eines extrakorporalen Kreislaufes nach Kanülierung der Gefäße, durch eine Herz-Lungen-Maschine, in der der Gasaustausch über einen Oxygenator erfolgt und das Perfusat und die Extremität durch ein Wärmeaustauschverfahren überwärmt werden.
  • Zur Erkennung eines Lecks aus dem Perfusionskreislauf in den Körperkreislauf Zirkulation werden durch Radionuklide Erythrocyten dem Perfusat zugesetzt und intraoperativ die Aktivität mittels Gammakamera über dem Herzen gemessen.
  • Die Perfusionsdauer beträgt je nach Therapieprotokoll meist ca. 90 Minuten, im Anschluss daran wird die Perfusionslösung aus der Extremität ausgewaschen.